In der Bukowina wirst du berührt …

In der Bukowina wirst du berührt …

… von den Menschen und von der Landschaft. Das hat wieder einmal unser diesjähriges Familientreffen in Câmpulung gezeigt. Eine Reise in die Heimat unserer Vorfahren ist von vielen emotionalen Momenten geprägt.

Gleich am Tag nach unserer Ankunft, am 9. August 2014, besuchten wir das Rahmenprogramm des 12. Buchenlandtreffens in Suczawa. Der Lohn waren Begegnungen mit Freunden und alten Bekannten. Eine Gruppe aus Czernowitz, der ehemaligen Hauptstadt der Bukowina, nahm ebenfalls an dem Treffen teil. Aus Deutschland trat Emilian Fedorowytsch mit beliebten Bukowiner Liedern (deutsch, ukrainisch, rumänisch) auf. Frau Antonia-Maria Gheorghiu hatte als Vorsitzende des Demokratischen Regionalforums der Deutschen im Buchenland für dieses Treffen ein umfangreiches Kulturprogramm auf die Beine gestellt. Einige Hundert Buchenländer aus der Bukowina und Umgebung waren erschienen.

Am Abend vor der offiziellen Veranstaltung wurde in Suczawa die von Erwin Josef Tigla, Mitglied des erweiterten DFDR-Landesvorstandes und Vorsitzender des DFDR-Forums Reschitza – Banater Berglanddeutsche -, betreute Vernissage „Kinder malen ihre Heimat“ in Anwesenheit des Deutschen Botschafters Werner Hans Lauk, des Abgeordneten Ovidiu Gant und Antonia-Maria Gheorghiu, der Vorsitzenden des Demokratischen Regionalforums der Deutschen im Buchenland, eröffnet. Das Rahmenprogramm des Buchlandtreffens begann am Samstagvormittag mit einer offiziellen Feierstunde und Ehrungen. Im gut gefüllten Saal waren neben dem Deutschen Botschafter Herrn Werner Hans Lauk, als offiziell eingeladene Vertreter des Deutschen Demokratischen Forums in Rumänien der Vorsitzende des DFDR, Herr Dr. Paul-Jürgen Porr, der Parlamentsabgeordnete, Herr Ovidiu Gant, sowie die Unterstaatssekretärin im Departement für interethnische Beziehungen, Frau Christiane Cosmatu, zugegen. Vorsitzende der Ortsforen des DFDR in der Bukowina, eine Abordnung des Vereins der Österreichisch-Deutschen Kultur „Wiedergeburt“ aus Czernowitz unter Führung von Herrn Paul Pivtorak und Gäste aus ganz Rumänien sowie Fernsehen und Presse rundeten das Bild ab.

Frau Gheorghiu wurde für ihr Engagement zu Gunsten der deutschen Minderheit vom Deutschen Botschafter in Rumänien mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Geehrt wurden auch weitere Aktive. Am Nachmittag folgte ein Trachtenumzug in Begleitung der Blaskapelle aus Rodna durch die Innenstadt von Suczawa, dem sich ein Kulturprogramm im Kulturhaus „Dom Polski“ anschloss.

Im Dom Polski Haus kam die „bunte Vielfalt“ der Bukowina zum Ausdruck. Teilnehmer von Chor- und Tanzgruppen präsentierten mit Engagement ihr Können. Den kleinsten Teilnehmern der Tanzgruppe Pinocchio aus Sereth (Schule „Petru Musat“) war die Begeisterung an den Gesichtern abzulesen. Die polnischen und ukrainischen Tanztruppen stellten in ihren bunten Trachten mit Leidenschaft und Professionalität ihr Können unter Beweis. Still wurde es im Saal, als die junge ukrainische Sängerin Julia Khabyuk aus Czernowitz gekonnt das Lied „ein bisschen Frieden“ vortrug und damit nicht nur an die damals 17jährige Nicole erinnerte. Deutsche Gesangsgruppen im Buchenland haben dieses Lied inzwischen in ihr Standardrepertoire aufgenommen. Volkslieder und Volkstänze des alten Buchenlandes gehören hier zur gelebten Kultur.

Wir, die wir zu einem Familientreffen aus Deutschland in Câmpulung angereist waren, hatten für Sonntag Gottesdienste in der katholischen und in der evangelischen Kirche in Pojorâta sowie ein gemütliches Beisammensein in der Cabana Sava organisiert. Wir waren darüber erfreut, dass viele Teilnehmer aus der Region unserer Einladung gefolgt waren. Bei hervorragender Bewirtung durch die Familie Sava und mit vielen Liedbeiträgen der Teilnehmer fand ein stimmungsvoller und unvergesslicher Nachmittag statt.

In den folgenden Tagen begaben wir uns auf die Suche nach der eigenen Familiegeschichte, besuchten die berühmten Klöster in der Umgebung oder nutzten die Zeit zum Zusammentreffen mit guten Freunden. Auch die aus der Nähe von Czernowitz stammende 89jährige Professorin Tatiana Vlad-Guga, die in Vatra Dornei lebt und lyrische Gedichte über ihre Heimat verfasst, genoss das Zusammentreffen mit uns. Es gab viele persönliche Begegnungen bei Familien und beim Forum im Deutschen Haus in Câmpulung. Ein Grillnachmittag auf dem Berg Mestecăniș, ein Besuch bei den Huzulen in den Bergen und ein Empfang im bekannten Eiermuseum in Moldovita sorgten für interessante Abwechslungen. Auch erlebten wir, wie zu Christi Himmelfahrt unzählige Pilger aus der Region zur Wallfahrtskirche in Cacica strömten.

Besuche in der Bukowina, im Buchenland, in dem einst unsere Vorfahren lebten, sind durch Kontakte mit dort lebenden Menschen in der schönen Gebirgslandschaft der Waldkarpaten ein unvergessliches Erlebnis. Frau Vlad-Guga verabschiedet sich jedes Mal von uns mit den Worten: „Kommen Sie wieder, in die süße Bukowinasie macht glücklich.“ Damit schürt sie bei uns jedes Mal die Sehnsucht aufs Neue. 

Alfred Wanza, im August 2014   – (SOD 2014)


Zur Person Tatiana Vlad Guga

Tatiana Vlad Guga
Tatiana Vlad Guga
Fotoaufnahme von Monitorul de Dorna

Tatiana Vlad Guga wurde 1924 in der Nähe von Suceava geboren. Ihr Vater war der Priester Constantin Vlad. Ihre Mutter Elena Voronca, die deutsche Vorfahren hatte, starb als sie zwei Jahre alt war. Als Halbwaise verbrachte sie ihre Kindheit in einem Dorf in der Nähe von Czernowitz. Sie absolvierte das orthodoxe Mädchenlyzeum „Elena Doamna“ in Czernowitz und studierte Theologie und Philologie. Als Grundschullehrerin in der Nordbukowina durchlebte sie 1940 und 1944 das Trauma der Flucht, die sie als Lehrerin nach Dorna Watra brachte. Hier engagiert sie sich noch heute in literarischen Zirkeln und Vereinen. Im Jahr 2002 verstarb ihr Mann.

Bemerkenswert ist ihre literarische Arbeit. Sie verfasst und veröffentlicht lyrische Gedichte und Erzählungen in deutscher und rumänischer Sprache, in denen sie die in ihrer Seele tief verwurzelte Liebe zur Heimat aber auch ihre Gedanken zu Europa zum Ausdruck bringt.

„Wir sind Europäer“
dritte Strophe des Gedichtes –

„Dieser Kontinent,
– das alte Europa –
bittere Kriege vergessend
wird tausendjährige Kulturen bewahren
und jedes Land vergesse nicht:
seine Geschichte, Sprache und Tracht,
seinen Stamm und seinen Ruhm.“


Tatiana Vlad Guga