Das Kathreinfest

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Das Kathreinfest aus dem Roman Katharina, der letzte Winter im Buchenland von Alfred Wanza

Das Kathreinfest steht vor der Tür. Rosanah möchte unbedingt dabei sein, obwohl sie Rumänin ist. Am 25. November gedenken die katholischen und evangelischen Christen in der Bukowina der Märtyrerin Katharina. Katharinas Bruder Otto soll auch an dem Fest teilnehmen. Ihre Mutter legt Wert darauf, dass er dabei ist, vielleicht um nach dem Schicksalsjahr auf Katharina aufzupassen. Jetzt stellen sie sich die Frage, ob die Musiker durch den Schnee hier ankommen werden. »Wenn alle Stricke reißen, nehmen wir den Dorfmusiker mit seinem Akkordeon«, denkt Katharina. Katharina erinnert sich derweil an den weiten Weg, den Rosanah vom Ende des Dorfs vor sich hat. Sie werden ihre schönen Kleider anziehen, vielleicht sogar ihre Trachtenröcke. Katharinas Mutter sucht etwas Passendes aus ihrem Kleiderschrank. »Hier, schau mal, ist der Rock nicht schön, der wird dir bestimmt passen?«, fragt sie, als sie ihre alte böhmische Tracht hervorholt. »Meinst du Mama?«, und schon probiert ihn Katharina an. Als ihre Mutter sie sieht, sagt sie verschmitzt: »Gut schaust aus, jetzt fehlt noch à fescher Bursch!«. Daraufhin lenkt sie ab: »Rosanah wird die Bauerntracht ihrer Mutter anziehen«. Dick angezogen und mit roten Wangen klopft Rosanah etwas später an die Haustür. Sie hat einen langen Weg hinter sich. »Du siehst gut aus«, kommt ihr entgegen. Die Rumäninnen haben traditionell warme Winterbekleidung. Weiße Fellstiefel, braun-rote Wollstrümpfe, darüber ein dunkles Wollkleid und eine weiße Jacke aus Schaffell. »Ich werde noch den Mantel überziehen, denn Rosanah hat eine dicke Felljacke an«, sagt sie aufgeregt, bevor sie mit ihrem Bruder und Rosanah losmarschieren. Katharina ist mit langen weißen Strümpfen, einem langen Rock mit Schürze und einer Strickjacke ausgestattet. Unterwegs treffen sie Nachbarn, die mit ihnen durch den Schnee stapften. Rosanah geht mit der Petroleumlampe vorweg. Da es keinen Strom gibt, gibt es auch keine Straßenbeleuchtung. »Die Lampe habe ich für den Rückweg mitgenommen«, meint Rosanah. Schon aus der Ferne hören sie Musik. Jetzt sind sie erleichtert. Ein gutes Zeichen, denn die Kapelle ist durch den Schnee hier angekommen. Als Katharina Rosanah fragt: »Ich bin gespannt, ob auch rumänische Burschen kommen?«, gibt Rosanah kleinlaut zu: »Mein Bruder wird für uns einen Tisch freihalten«. »Aha!« denkt Katharina. Sie kommen in den Saal und sehen Viorel an einem großen Tisch sitzen, wie er auf die leeren Stühle hinweist. Katharina hat Hemmungen und setzt sich nicht in die Nähe von Viorel. Später flüstert ihr Bruder ihr zu: »Ich glaube Viorel hat ein Auge auf dich geworfen?«. Sie bekommt einen roten Kopf und versucht ihre Verlegenheit zu überspielen. Inzwischen spielt die Musik ein Lied nach dem anderen. Alle tanzen, nur Viorel und Katharina bleiben sitzen. Erst später stellt Katharina fest, dass Viorel genauso schüchtern ist wie sie. Während die Anderen tanzen, kommen die beiden ins Gespräch. Seine Geschichten und seine Gestik gefallen ihr. Im Laufe des Abends wagen sie sich auch auf die Tanzfläche und kommen sich einwenig näher. Katharina ist stolz auf dieses Fest. Sie fragt Viorel verlegen: »Ist das nicht ein schönes Fest, es hat meinen Namen?« Die ses Mal wurde auch Viorel verlegen und stammelte nur ein »da« (für ja). Die Beiden haben sich gerade etwas angenähert, als ihr Bruder sie an den Heimweg erinnert. Notgedrungen verabschieden sie sich von Rosanah und Viorel. Rosanah zündet vor der Tür die Laterne für den Heimweg an. »Das war also das Kathreinfest, mein Namenstag?«, sagt Katharina auf dem Heimweg zu ihrem Bruder und denkt dabei an das Fest im letzten Jahr.