Nachkriegserinnerungen eines Flüchtlingskindes

Nachkriegserinnerungen eines Flüchtlingskindes

Vorwort

In dem Bauerndorf Kleinpaschleben, das neben dem Dorf Großpaschleben direkt vor der Haustür Köthens in Sachsen Anhalt liegt, findet Fredi und seine Familie mit anderen Geflüchteten nach der Flucht ein neues zu Hause. Ein Vorübergehendes, wie sich im Nachhinein herausstellen wird. In Kleinpaschleben wird und wurde das Paschleber Dorfplatt gesprochen. Ein spürbarer Unterschied zur Ausdrucksweise in der Kreisstadt Köthen. Mit dem Paschleber Dorfplatt fällt Fredi nach der Ausreise in der Schule in Westdeutschland auf. Hier muss er auch feststellen, dass im Westen in den fünfziger Jahren Ostdeutschland und die DDR ein unbekanntes Land ist. Man kennt es auch geographisch nicht. In Ost und West gehen die Uhren jeweils anders. In Ostdeutschland werden Flüchtlinge Umsiedler genannt. Fredis Eltern kommt diese Bezeichnung entgegen, weil sie bereits ihre ursprüngliche Heimat als Umsiedler verlassen haben.

Fredis Eltern und Geschwister finden nach der Vertreibung im September 1945 in Kleinpaschleben in Sachsen Anhalt Zuflucht. Hier wagt die Familie nach einer längeren Odyssee einen Neuanfang. Die Teilung Deutschlands, die für die Menschen neu ist, wird von ihnen als Schicksal hingenommen. Die Bezeichnungen Ost- und Westdeutschland oder Ost- und Westzone dokumentieren im Alltag die innerdeutsche Grenze. Es ist eine Zeit voller Umbrüche, die Fredi im dritten Lebensjahr noch nicht versteht. Gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern lassen sich die Sorgen und Nöte etwas leichter ertragen. Die vielen neuen Eindrücke verdrängen sein Fluchttrauma und eröffnen ihm den Weg in die kindliche Freiheit. Alfred Wanza berichtet über seine Erinnerungen und Erlebnisse in den Jahren 1945 bis 1955 in Ostdeutschland und schildert die Nachkriegssituation in dem Dorf. 1955 reist er mit seinen Eltern zu seinen Geschwistern nach Westdeutschland aus. Später muss er feststellen, dass die Bezeichnung „Goldener Westen“ eine Wunschvorstellung der Menschen in Ostdeutschland war.

Fredis Erlebnisse und seine kleinen Abenteuer im Dorf sind eine glückliche Fügung, die mehr zum Vergessen als zu einer Verarbeitung führen. Fredis Eltern finden es unnötig ihn auf eine höhere Schule zu schicken. Es ist aufgrund der dörflichen Lage und der finanziellen Situation sowieso nicht möglich. Auch ist die Unsicherheit in der Schule, die durch seine Kurzsichtigkeit verursacht wird, ein weiteres Hindernis. Während sein Vater an einen handwerklichen Beruf denkt, schickt ihn seine Mutter später zur Handelsschule. Hier schafft Fredi den Durchbruch. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann stehen Beruf und Familie im Fokus.

Einordnung der Nachkriegszeit

Der Zweite Weltkrieg wurde am 8. Mai 1945 beendet. Die Potsdamer Konferenz im Schloss Cecilienhof vom 17. 7. bis 2.8.1945 war ein Treffen der drei Hauptalliierten, die Deutschland in Besatzungszonen aufteilten. Die deutschen Ostgebiete waren abgetrennt und gehörten inzwischen zu Polen und Russland. Für das Saarland galt eine Sonderregelung. Dadurch war Deutschland faktisch in Ost und West geteilt und entwickelte sich so unterschiedlich. Ebenfalls wurde von den Alliierten wörtlich beschlossen: “Deutschland zu entnazifizieren und zu demokratisieren. Das deutsche Volk sollte nicht vernichtet oder versklavt werden. Es sollte sein Leben auf demokratischer und friedlicher Grundlage wieder aufbauen”. Aufzubauen waren die bombardierten Städte. Aus den einstigen Verbündeten wurden später Konkurrenten um die Vorherrschaft in Europa. Am 23.5.1949 trat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik erfolgte am 7.10.1949. Damit existierten bis 1990 zwei deutsche Staaten. Bis 1948 nannten die Deutschen ihre Währung Mark. Die Reichsmark wurde durch Währungsreformen in Westdeutschland am 20.6.1948 und in Ostdeutschland am 24.7.1948 abgelöst.

Inhalt zum Buch Nachkriegserinnerungen eines Flüchtlingskindes

Erinnerungen
Fredis Familie
Die Flucht
Anfangsjahre nach der Flucht
Nachkriegszeit aus Sicht
eines erwachsenen Flüchtlingskindes

Das Leben im Dorf
Ackerbau und Viehzucht
Kleine Dorfgeschichten
Der 17. Juni 1953
Erinnerungen an Weihnachten
Mundartgeschichte von Friedrich Kranz

Dorfgeschichten
Auf dem Weg ins Kino
Die Kirchenorgel
Die Hamsterfamilie
Die erste Fahrradtour
Die Hochzeitsfeier 1948
Fredis Kurzsichtigkeit
Der missglückte Grenzübertritt
Das erste Schlachtfest
Die zahme Elster
Mit dem Pferd im Dorfteich
Der erste Papierdrachen
Die Rote Armee
Die Ausreise
Die Ankunft im Westen
Fredis Schlusswort

Anmerkungen
Nachdenkliches
Demokratie oder Autokratie
Trauma Krieg
Impressum