Wie bei Freunden in der Bukowina


Wie bei Freunden – von Markus Poch

Bild: Das jüngste Gericht als Weltkulturerbe:
 Ordensschwester Gabriela vom Kloster Voronet erklärt die Wandgemälde auf den historischen Außenmauern  
Markus Poch

Bild: Das jüngste Gericht als Weltkulturerbe:
Ordensschwester Gabriela vom Kloster Voronet erklärt die Wandgemälde auf den historischen Außenmauern

Markus Poch

Wer herzliche Menschen mag, ist im Norden Rumäniens goldrichtig. Wer einen Sinn hat für urwüchsige Naturlandschaften und gewachsene Dörfer, für Pferdefuhrwerke auf Kopfsteinpflasterallee, der wird sich wohlfühlen. Wer neugierig ist auf einige der weltweit schönsten Klosteranlagen, und wer – nach einem erlebnisreichen Tag – gerne dort einkehrt, wo kräftige Hausmannskost mit viel Gemüse und selbstgebrannten Obstschnäpsen auf den Tisch kommt, der muss in die Bukowina (deutsch: Buchenland) fahren.  Rumäniens reizvoller Norden öffnet jetzt seine Pforten für internationale Besucher, beansprucht 21 Jahre nach dem Sturz des Diktators Ceausescu sein Stückchen vom europäischen Tourismuskuchen. Von Deutschland aus ist das vielfältige Urlaubsziel an der Grenze zur Ukraine genau so leicht erreichbar – wie Südfrankreich oder Nordspanien. Es ist auch noch preiswerter.

Die Bukowina, das alte Bauernland am Fuße der Ostkarpaten, rund 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bukarest, zeigt sich als Region von sanfter Schönheit und bescheidenen Ansprüchen. Die oft deutschsprachigen Rumänen rund um die Kreisstadt Suceava (sprich: Sutschawa) leben in kleinen, gepflegten Holzhäusern mit eigenen Brunnen, sind im wesentlichen Selbstversorger. Ackerbau, Viehzucht sowie die dazugehörigen Maschinen und Geräte sehen notgedrungen oft noch so aus wie in Mitteleuropa vor 100 Jahren.

Die Erträge, die bei harter körperlicher Feldarbeit entstehen, sind entsprechend klein, aber die Familien können davon leben. So überstanden sie die ökonomische Wirtschaftskrise unter Ceausescu auch besser als die Menschen andernorts im Land.

Der ewige Mangel an Düngemitteln wirkt sich für die Bauern der Bukowina heute positiv aus: Ihre Böden sind bestens geeignet für den Anbau biologischer Produkte. In Kooperation mit dem Rumänischen Landwirtschaftsministerium will die deutsche GTZ (Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit)  neue Märkte erschließen und die Zertifizierung rumänischer Ökoprodukte nach EU-Richtlinien erreichen. In Aufbruchstimmung haben viele rumänische Familien damit begonnen, die eigenen Höfe zu gemütlichen Pensionen oder Gasthäusern umzurüsten. Manchmal ist dort ein Zimmer schon für 20 Euro zu haben.

Wer so günstig und in so netter Umgebung wohnt, der freut sich morgens umso mehr auf die Bergwanderung, die Kajak- oder Floßfahrt, einen Ausflug mit dem Mountainbike, eine winterliche Fahrt mit dem Pferdeschlitten oder eine frühe Wildbeobachtung. Die rumänischen Karpaten sind das Zuhause für mehr als 5000 Braunbären, 3000 Wölfe und 1500 Luchse. Das entspricht 30 Prozent aller europäischen Großraubtiere, die hier in den weitläufigen, nahrungsreichen Bergwäldern leben, ohne dass es zu nennenswerten Konflikten mit der Bevölkerung käme. Die Bukowina ist für ihre Gastfreund­schaft bekannt und für ihre Kulturschät­ze. 19 einmalige Klosteranlagen aus dem 15. und 16. Jahrhundert verschlagen jedem Kunsthistoriker die Sprache. Das Besondere an den weltberühmten und von deutschen Urlaubern relativ unentdeckten Bauwerken ist vor allem deren äußere Bemalung, die es sonst nirgendwo auf der Welt so gibt. Deshalb wurden sie 1973 von der Unesco in die Liste der Kulturerben der Menschheit aufgenommen. Die Außenmauern der schönsten Klöster, egal ob nun Moldovita, Putna, Humor, Dragomirna oder Sucevita, sind nahezu komplett mit biblischen Geschichten verziert. Wer damals keinen Platz in der Kirche fand oder die (slawonische) Sprache der Gottesdienste nicht verstand, sollte auf diese Weise trotzdem an Messen teilhaben können.

Chemiker grübeln heute über die Zusammensetzung der alten Farben. Viele der Fresken beeindrucken auch nach fünf Jahrhunderten – nach 500 heißen Sommern und 500 eisigen Wintern – noch immer im Originalzustand mit ungebrochener  Leuchtkraft.   Ordensschwester Gabriela ist besonders stolz auf die Abbildung des Jüngsten Gerichts an der Rückwand des Klosters Voronet, in dem sie betet. Mit einem liebenswerten Sprachmix aus Rumänisch und Deutsch hat sie noch jeden Kulturbanausen für ihre heiligen Mauern begeistert: „Kommense wieda, bittescheen.“

BUKOWINA-TIPPS

Essen: Typische Gerichte aus der Bu­kowina (Krautwickel). Speisen generell preiswert, gutes Abendessen im Restaurant für sechs Personen (mit Wein) schon ab 30 Euro.

Souvenirs: kunstvoll bemalte Hühnereier, schwarze Keramik, Stickereien, Holzschnitzereien, handgewebte Teppiche.

Auskunft: bei der „Asociatia Pentru Turism Bucovina“ (sehr freundlich u. deutschsprachig) unter E-Mail: oder beim Rumänischen Tourismusamt. 

Mit freundlicher Genehmigung von markus poch (HAZ Nov. 2009)