Fredis erste Fahrradtour

Fredis erste Fahrradtour

Wolfgang verbrachte als Stadtkind seine Sommerferien bei seiner Großmutter, die im gleichen Haus wohnte. Es lag daher nahe, dass Fredi häufig mit Wolfgang spielte, denn er hatte die besseren Kontakte im Ort. Eines Tages lud ihn Wolfgang zu einer Radtour nach Bernburg ein. Seine Großmutter hatte zwei Vorkriegsfahrräder, die Wolfgang benutzen durfte. Wolfgang wusste aber nicht, dass Fredi gar nicht Fahrradfahren konnte. Obwohl Fredi seine Schwäche kannte, überwog bei ihm die Freude auf dieses Erlebnis. An einem Sonntag im Spätsommer machten sie sich auf den acht Kilometer langen Weg Richtung Bernberg. Eine Stadt, in der Fredi schon mal mit seiner Mutter eingekauft hatte. Fredi hatte die Vorstellung, dass er auf der Radtour das Fahrradfahren lernen würde. Ihm war egal, ob er nur einige Meter auf einem geliehenen Fahrrad herumeierte oder ob er auf einer längeren Fahrradtour unterwegs sein wird. Obwohl er wusste, dass die Tour für ihn schwer werden könnte, sagte er nicht ab. Die Straße nach Bernburg war eine gut betonierte Landstraße ohne Radweg, auf der auch motorisierte Fahrzeuge fuhren. Darauf wurden auch alte Autos getestet und Kinder waren mit Rollschuhen, wenn sie welche hatten, unterwegs. Obwohl nur selten Autos fuhren blieb Fredi jedes Mal stehen, denn Wolfgang war über das Verhalten von Fredi erstaunt, nahm es aber gelassen hin. Jedenfalls hatte Fredi auf diese Weise die gesamte Strecke zurückgelegt. Das große Problem kam, als sie in die Stadt einfuhren. Es gab Radfahrwege, die Fredi nicht kannte und es fiel ihm schwer die Spur zu halten. Wolfgang erwies sich als geduldiger Radfahrer und wartete jedes Mal auf Fredi. Sicher wird er sich über Fredis Fahrverhalten gewundert haben. Der Radweg führte dicht an Eisenpfählen der Saalebrücke vorbei in die Stadt, in der der Verkehr zunahm. Jetzt war für Fredi die Möglichkeit gekommen Wolfgang zu sagen, dass er lieber Absteigen möchte. So schoben sie die meiste Zeit die Räder durch die Stadt. Sogar die Burg und den Bärenzwinger sahen sie sich an. Fredi war überwältigt von den Eindrücken in der Stadt. Eine Stadt hatte er mit dem Fahrrad noch nicht erkundet. Fredi war jedenfalls froh heil angekommen zu sein. Auf der Rückfahrt klappte alles schon viel besser. Vielleicht wurde Fredi deshalb auch leichtsinnig. Er stieg nicht mehr vom Fahrrad ab, wenn ihn ein Auto überholte. Auch das Kurvenfahren fiel ihm nicht mehr schwer, auch wenn die Dorfeinfahrt für Fredi noch ein Hindernis darstellen sollte. Er hatte versucht mit Wolfgang mitzuhalten und seine Fahrkünste dabei überschätzt, als er beim Einbiegen in die Dorfstraße die Kurve falsch einschätzte und die Schräglage nicht mehr halten konnte. Er fuhr geradeaus über einen hohen Bordstein und landete im Graben. Schnell stand er wieder auf und versuchte den schiefen Fahrradlenker gerade zu biegen. Wolfgang half ihm dabei, als sie feststellten, dass die Felge am Vorderrad einen kräftigen Schlag abbekommen hatte. Wolfgang nahm es schweigend zur Kenntnis. Das Fredi dieses Missgeschick kurz vor der Haustür passieren musste, wurmte ihn. Die Fahrradtour ist ihm daher bis heute in Erinnerung geblieben. Auch hatte er wegen der Delle im Vorderrad ein schlechtes Gewissen. Obwohl dieses Ereignis zwischen Wolfgang und Fredi nicht zu Unstimmigkeiten führte, hatte Fredi noch lange Zeit ein schlechtes Gewissen. Davon konnte er sich erst befreien, als er vierzig Jahre später Wolfgang darauf ansprach. Wolfgang konnte sich aber nicht mehr daran erinnern.

In den Sommerferien besuchte Fredi Wolfgang ohne Fahrrad in der Stadtwohnung seiner Eltern. Als Dorfkind war er von der technischen Ausstattung der Stadtküche angetan. Neben der Kücheneinrichtung faszinierte ihn das Spülbecken mit einem funktionierenden Ablauf und einem Wasserhahn mit Sprühschlauch. In den alten Häusern im Dorf funktionierten diese Dinge nicht mehr.