Die Buchenlanddeutschen – Kurzportrait

Die historischen Buchenlanddeutschen: Siedler, Baumeister und Entwickler der modernen multiethnischen Bukowina

Ursprünge der Bukowina – des Buchenlandes

„Fern am Ende der Karpathen….“ So beginnt ein Gedicht auf die Bukowina (aus dem slawischen frei übersetzt: Land der Buchen). Über 1500 Kilometer von Deutschland entfernt liegend war die Bukowina, das Buchenland, zwischen 1774 bis 1918 das kleinste, östlichste und multinationalste Kronland Österreichs. Sie wurde auch zur Wiege der Buchenlanddeutschen.

In alten Zeiten zum Herrschaftsgebiet der „Rus“ (Einflussbereich des auf altukrainischem Boden bestehenden Großfürstentums Kiew) und seines Nachfolgers, des ukrainischen Fürstentums Halytsch-Wolhynien gehörend, entstand 1359 unter dem rumänischen Wojewoden Bogdan I. das Fürstentum Moldau (Moldavia), das sich seinerseits ab 1514 der Oberhoheit der Türkei unterstellte.

Österreich und die Buchenlanddeutschen Siedler (1774-1918)

Im Jahre 1774 annektierte Österreich die Region Bukowina aus strategischen Gründen, erwarb das Land per Vertrag von von der Türkei und legte den Grundstein für die Besiedelung und den Ausbau des rückständigen und dünn besiedelten Gebietes.

Aufgrund des Josephinischen Patent-Erlasses von 1781/82, in dem Siedlern finanzielle und wirtschaftliche Aufbauhilfen, Religionsfreiheit und Befreiung vom Wehrdienst zugesagt wurden, zogen vornehmlich aus süddeutschen Landen und Österreich, später auch aus Böhmen und der Zips (heutige Slowakei), deutsche Siedler in die Bukowina.

Unter prägendem Einfluss dieser Buchenlanddeutschen und der Oberhoheit Österreichs gelang es, die Bukowina voll an den fortschrittlicheren westlichen Kulturkreis anzuschließen und sie wirtschaftlich, politisch und kulturell so weit voran zu bringen, dass sie nach dem Bukowiner Ausgleich von 1910 als ein Beispiel für ein Vorläufermodell eines Vereinten Europa gelten konnte.

Die günstigen Bedingungen sowie Rechtssicherheit und Bildung wirkten sich auch stimulierend für die Besiedelung durch Nationalitäten aus angrenzenden Ländern aus, so dass die Zahl der anfangs etwa 75.000 Landesbewohner aufgrund von Zuzügen und steigenden Geburtenraten bis 1918 auf knapp 800.000 anstieg.

Obwohl die Buchenland-Deutschen nach der Volkszählung von 1910 nur 9,2 % der Bevölkerung ausmachten – mit der Deutschen Kultur war auch die Mehrheit der 12 % ausmachenden Juden verbunden – waren sie unter österreichischer Oberhoheit federführend für die Gesamtentwicklung der Bukowina. Weitere große Nationalitäten waren die Rumänen, Ruthenen (Ukrainer) und Polen. Deutsch war die Amtssprache, deutsch geprägt war die Schulbildung, deutschsprachig war die 1875 gegründete Universität. Deutsch war zu großen Teilen die Umgangssprache unter den Nationalitäten.

Zweisprachige zum Teil auch dreisprachige Schulen sorgten dafür, dass Rumänen, später auch Ruthenen (Ukrainer) zusätzlich in ihrer Muttersprache unterrichtet wurden.

Mehr als 12 Nationalitäten und ein halbes Dutzend Religionsbekenntnisse und dennoch ein mehr oder weniger reibungsloses Zusammenleben kennzeichneten die Bukowina. Da keine der Nationalitäten eine absolute Mehrheit besaß, war Toleranz angesagt, denn keiner wollte vorn der Mehrheit der anderen Ethnien an den Pranger gestellt werden. Die politischen und organisatorischen Vorgaben der Landesregierung und die kulturelle und religiöse Freiheit trugen zu einem geregelten Miteinander bei und sorgten dafür, dass jede Ethnie ihre nationalen Besonderheiten bewahrte und ihre geistige und materielle Kultur entwickelte. Zu jener Zeit waren die Bürger des Landes stolz darauf, sich Bukowiner nennen zu dürfen!

Exodus der Buchenlanddeutschen im Jahre 1940

Nach verlorenem Krieg musste Österreich die Bukowina an das Königreich Rumänien abtreten. Die rigorose z. T. rücksichtslose Rumänisierungspolitik machte allen anderen Ethnien der Bukowina schwer zu schaffen. Nach dem Einmarsch der Russen in die Nord-Bukowina (Mitte 1940) entschloss sich fast die Gesamtheit der Buchenlanddeutschen – einschließlich der Deutschen in der Süd-Bukowina – dem Ruf Deutschlands „Heim ins Reich“ zu folgen und verließ Ende 1940 schweren Herzens das Land ihrer Väter innerhalb von 3 Monaten mit drei Zugtransporten via Deutsches Reich. Nach ihnen zeigten sich die brutalen Auswüchse des Krieges auch in der Bukowina, wo sie insbesondere die Juden völlig unvorbereitet trafen.

Mit Löschung des im Jahr 1949 gegründeten Vereins der Buchenlanddeutschen (Bukowina) e. V. im Jahr 2020 wird dem noch auf Sparflamme laufenden Vereinsleben der Erlebnis-Generation in Deutschland der demographische Tribut gezollt. Dennoch halten noch etliche Buchenlanddeutsche Umsiedler und deren Nachkommenschaft das Kulturgut und die Traditionen der Bukowina in Ehren. Darüber hinaus ist die Bukowina aufgrund ihrer interessanten Vergangenheit zum Forschungsobjekt vieler Privatpersonen sowie offizieller und mit Universitäten verbundener Stellen geworden. Die Buchenlanddeutsche Zeitung „Der Südostdeutsche“ fungiert als Band des Zusammenhalts und Informationsquelle für alle Bukowiner, deren Nachkommen und an der Bukowina Interessierte weltweit. Das Bukowina-Institut in Augsburg ist die zentrale deutsche Forschungsstelle in Sachen Bukowina.

Die heute in der zwischen Rumänien und der Ukraine zweigeteilten Region Bukowina noch lebenden Deutschen pflegen die deutsche Sprache und Kultur ihrer Vorfahren und werden dabei von engagierten Privatleuten und offiziellen Stellen, in der Ukraine,Rumänien, Deutschland, Österreich u. a. finanziell und kulturell unterstützt.

Blättern Sie weiter, lesen Sie die spannende Geschichte der Bukowina.

Verfasser: Emilian Fedorowytsch
Deutschland, 20. Januar 2025