Zu Besuch bei Rosanah


Zu Besuch bei Rosana aus dem Roman Katharina, der letzte Winter im Buchenland von Alfred Wanza

Morgen wird Katharina nach der Arbeit Rosanah auf dem Bauernhof ihrer Eltern besuchen. Der Hof liegt am Ende des Dorfes. Als sie zur Arbeit geht, nimmt sie ihre Laterne für den Rückweg mit. Die Laterne erinnert sie an ihre Kindheit, als sie in der dunklen Jahreszeit mit Genia in die Kirche ging. Sie fühlten sich mit der Laterne sicher und glaubten, die Wölfe hätten Angst vor ihrem Licht. Nachdem Katharinas Kolleginnen die Laterne entdecken, er zählt sie freiwillig von ihrem Vorhaben. Auf dem Weg zu Rosanah muss sie an verschneiten Wäldern und Wiesen vorbei. Nur schmale Wege führen durch meter hohen Schnee. Es ist weit und breit kein Mensch zu sehen, als sie mit der Laterne losmarschiert. Nur der Wind pfeift kräftig um die Ecken und treibt den Schnee zu großen Bergen zusammen. Sie fürchtet sich schon vor dem Rückweg. Dabei fallen Katharina auch die Worte ihres Vaters ein. Sprach er nicht von den Spuren der Wölfe am Haus? Sie wird immer schneller, als sie das schwache Licht am Haus ihrer Freundin erkennt. Hier haben sie schon auf sie gewartet. »Komm schnell rein!«, ruft ihr Rosanah zu. Die rumänischen Bauernstuben sind im Winter besonders warm. An den Wänden hängen Teppiche und bestickte Tücher zieren die Bilder. »Gemütlich«, denkt Katharina. Rosanahs Mutter bringt den Beiden heißen Milchkaffee. Endlich können Rosanah und sie wieder die Köpfe zusammenstecken. Sie haben sich viel zu erzählen. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Draußen ist es inzwischen stockdunkel. Mond und Sterne werfen schwaches Licht auf den Schnee. Es ist die Zeit in der man aus den Wäldern das Heulen der Wölfe hört. Eigentlich jagt man jetzt keinen Hund vor die Tür. Und Katharina muss noch den Heimweg antreten. Rosanah spürt, dass Katharina Angst vor dem Heimweg hat und schlägt vor bei ihr zu schlafen. Das kann sie aber nicht, weil man zu Hause auf sie wartet. Rosanah hat aber gleich eine andere Idee und schlägt vor, dass sie ihren älteren Bruder fragen wird, ob er sie nach Hause begleitet. Katharina nimmt das Angebot nur an, weil sie sich vor dem Heimweg fürchtet. Obwohl sie Viorel kennt hat sie Hemmungen sich von einem Jungen nach Hause bringen zu lassen. Als sie draußen vor der Haustür das Heulen der Wölfe hört weiß sie, dass es die richtige Entscheidung war. Die beiden machen sich auf den Weg. Viorel nimmt ihr die Laterne ab und geht vor. Die ersten Schritte gehen sie schweigend hintereinander, bis er zaghaft ein Gespräch beginnt. Seine Stimme nimmt ihr die Angst und sie lässt sich auf das Gespräch ein. In Rumänisch natürlich. Jetzt stapfen sie nebeneinander durch den Schnee. Nach fast einer Stunde stehen sie vor Katharinas zugewehter Hoftür. Aus dem Haus kommt schwaches Licht in den Hof, das sich mit dem Licht des Mondes vermischt. Viorel gibt ihr die Laterne und verabschiedet sich von ihr. Als er weg ist fällt ihr ein, dass sie ihm die Laterne für den Heimweg mitgeben wollte. Im Haus hat man Katharina gehört. Ihre Mutter öffnet die Haustür und fragt: »Warum warst du so lange weg?« Als sie ihr sagt: »Der Weg zu Rosanah war weit und zugeschneit. Viorel hat mich aber nach Hause gebracht«, ist sie beruhigt. Katharina hat den Eindruck, dass ihre Familie immer noch vom Schneeschaufeln erschöpft ist. Heute hat Katharinas Bruder den Schnee von den Dächern geräumt. Ihre kleineren Geschwister liegen schon in den Betten. Als sie ebenfalls ins Bett geht merkt sie, dass ihre Mutter einen heißen Ziegelstein in ein Handtuch gewickelt und in ihr Bett gelegt hat.